Innert 30 Tagen von Seattle durch den Yukon nach Anchorage Die ursprünglich geplante Route ist 6'500 bis 7'500 km bzw. 4'000 bis 5'000 mi lang; eigentlich wollten wir da noch ein paar Abkürzungen vornehmen aber das Land ist riesig und weil zu dieser Zeit noch viele Hiking Trails gesperrt waren, verbrachten wir viel Zeit on the road und hatten am Schluss rund 9'500 km auf dem Tacho. Die Gegend, in der wir uns bewegten, seht Ihr im Detail, wenn Ihr auf die Karte klickt; der Top of the World Highway wäre zwar befahrbar gewesen, aber die USA haben die Grenzöffnung auf den 1. Juni festgelegt, weshalb wir den Umweg zurück nach Whitehorse in Kauf nahmen.

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 Routenplan

7. - 10. Mai - Seattle

Lasst uns mal runter- und ankommen. Im Quartier Capitol Hill beziehen wir für drei Nächte Quartier in einem heimeligen Gästehaus, dem Gaslight Inn. Ryan und Joelle sind sehr angenehme Gastgeber und wir wohnen hier wunderschön in einem Quartier abseits des Trubels - wobei ganz Seattle eigentlich eher ruhig ist.

In der Nachbarschaft finden sich zahlreiche kleine Lokale und was noch wichtiger ist: Keine Touristen. Wir fühlen uns wie im realen Amerika. Aber so ein bisschen Touri-Dingsbums muss schon sein: Den ersten Tag verbringen wir am Pike's Market, der - zumindest heute am Muttertag - von Blumenständen nur so strotzt. Uns zieht's natürlich gleich mal in die lokale Brauerei und danach zu den Segelbooten. Morgen gehen wir wohl raus aufs Wasser.

Sleepless in Seattle? Jet-Lag oder was auch immer: Ich kann gerade nicht schlafen und kreiere mit einer soeben gegoogelten Applikation ein Fotoalbum. Pictures only? Schau mal hier [Anmerkung: War dann doch  nicht so toll - muss alles noch überarbeiten].

Am Montag ist's an der Waterfront deutlich ruhiger und wir segeln auf einer 70-Fuss-Rennyacht einmal durch die Bucht und zurück. Der Skipper lässt mich ans Ruder und ich komme mir vor wie Russell Coutts auf der Alinghi ;-)

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ab 10. Mai bis 9. Juni - on the road again

Mit dem Truck Camper von Go North (gebucht über Para Tours Wabern) geht's nun nach Norden - eventuell über den nördlichen Polarkreis hinaus. Die obige Karte zeigt die Idee unserer Route, welche wir je nach Lust, Laune, Wetter und Strassenverhältnissen anpassen werden. Der "Top of the World" Highway öffnet z.B. erst irgendwann in der zweiten Mai-Hälfte; wir hoffen, rechtzeitig für uns ;-)

Am 10. durften wir einen Ford F350 XLT, die jungfräuliche Tilda (von 'Waltzing Matilda'?) begrüssen. Brandneu und unerfahren, mit gerade mal 15 mi auf dem Tacho, wird sie unser Zuhause während der kommenden 30 Tage. 6,2 Liter Hubraum aus einem V8: das brummt ganz schön! Unerfahren sind auch Marga und ich, werden wir doch heute Abend zum allerersten Mal - trotz der vielen Reisen - in einem Camper übernachten. Und zwar stehen wir im Olympic National Forest zwischen Regenwald und See in Quinault.

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Bevor wir uns tags darauf Richtung Kanadische Grenze aufmachen, statten Baumgartners noch dem Tree of Life an der Pazifikküste einen Besuch ab. "Nur nicht aufgeben" scheint seine Devise zu sein. Never give up - ein gutes Lebensmotto!

Danach gehts via Port Angeles nach Port Townsend auf die Fähre nach Coupeville; da wir gerade nicht auf die nächste Fahrt draufpassen, bleibt Zeit für einen kleinen Stadtbummel.

Am 12. Mai betreten (befahren) wir bei Abbotsford zum ersten Mal in unserem langen Reiseleben kanadischen Boden. Entlang des Trans Canadian Highway verläuft der Fraser River durch malerische Hügellandschaften. Geschockt hat uns der Anblick des letzten Jahres vollständig abgebrannten Ortes Lytton; das hatten wir nicht erwartet. Glücklicherweise waren alle Einwohner rechtzeitig evakuiert worden. Ursache war wohl die enorme Trokenheit und Rekordhitze (49.5 °C) des letzten Sommers.

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In Kamloops haben wir uns vollständig verproviantiert - mit Ausnahme von ausreichend Bier und Wein ist nun alles an Bord, um eine allfällige monatelange Sintflut auf irgendeinem Berg abzuwettern ;-) Marga hält mich wohl für wahnsinnig aber ich mag einfach nicht jeden Tag einkaufen gehen.

Am Morgen danach wird das Auto getankt und der Liquor Store besucht (haben gestern doch tatsächlich das Bier vergessen). Über landschaftlich schöne und fahrtechnisch abwechslungsreiche Strecken fahren wir hoch nach Barkerville. Das historische Städtchen kann mit einem Spaziergang erkundet werden, obschon noch viel Schnee liegt und die "Bespielung" durch Personal im Stil der Goldrauschzeit erst ab Juni erfolgt. Eindrücklich ist es trotzdem, nicht zuletzt dank der Infotafeln, die Auskunft über die jeweiligen Gebäude geben.

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Auf dem Weg dorthin fuhren wir entlang eines noch zugefrorenen Sees und wir sahen sieben Schwarzbären, die sich entlang der Strasse vergnügten. Was uns erstaunte war, dass sie sich derart nahe an menschlichen Behausungen aufhalten. Man kann grundsätzlich überall einem Bären begegnen. Hingegen machen sich die Elche bis anhin rar.

Kanadier sind offenbar wirklich nette Leute. Alle interessieren sich für unseren Roadtrip und sind für einen kleinen Schwatz zu haben; auch die Beiden von der Tankstelle in Quesnel, die uns auf ihrem Areal übernachten lassen 

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Am Sonntag den 15. Mai starten wir in Dawson Creek in Richtung Whitehorse über den legendären Alaska Highway. Das obligate Startfoto haben wir sicherheitshalber schon am Vorabend geschossen. Nun sind es nur noch 1'000 km bis in den Yukon.

Die erste Etappe bis Fort Nelson ist eher langweilig: Viel Tempomat... Auf dem Weg nach Watson Lake finden sich dann aber viele Tiere, Kurven und lustige Menschen. Die 3 von der Tankstelle kurz vor Muncho Lake zum Beispiel. Der Alte auf dem Bürostuhl, der alles kommentiert, der grantige, wortkarge Macho mit überteuerten Touristenpreisen (4 Dollar pro Becher Filterkaffee!) und seine Schweizer Freundin aus "right now"... Sie klärte uns dann auf, dass sie aus Reitnau AG käme und als Au Pair hier hängen blieb. Na ja: Ihre Backkünste wird zu Hause niemand vermissen. Der Cookie war ungeniessbar.

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Am Dienstag, 17. Mai fuhren wir über die grosse kontinentale Wasserscheide, wo noch Reste frisch gefallenen Schnees auf der Strasse lag, via Tagish road nach Carcross (das ist keine Autokreuzung sondern die Abkürzung für Caribou Crossing), bevor wir in Whitehorse einfuhren. Der Ort ist bekannt für die Totem-Schnitzereien der First Nation People. Noch immer sind die meisten Seen, auch unterhalb 900 müM, weitgehend gefroren und viele Attraktionen entlang der Route geschlossen. Einerseits sind wir zu früh im Jahr unterwegs, andererseits war der heurige Winter einfach zu lang.

Als Entschädigung gabs diesmal leckere Backwaren, nämlich die - man möchte es gerne glauben - World's Best Cinnamon Buns beim Johnson's Crossing (später offenbarten sich uns diejenigen in Braeburn - unschlagbar!). Speziell war das Gespräch mit Aruna, die ihren gut bezahlten Regierungs-Job bei der Drogenfachstelle nach 24 hinschmiss, weil sie es einfach nicht mehr mitansehen konnte, wie viele junge Angehörige der First Nations ohne Lebensperspektive an Alkohol und Drogen zugrunde gehen und ihre Bemühungen einfach nirgendwo hinführten. Nun verkauft sie Kaffee und Souveniers und Zimtschnecken.

Nebenbei klärte sie uns noch über die vielen UFO-Aktivitäten und Phänomene in der Gegend auf. Die Regierung verhindert übrigens aktiv, dass sich Menschen in die unwegsame Wildnis begeben, auf dass die Spuren der Aliens unentdeckt bleiben mögen... Zeit, weiterzufahren.

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Die Bisons entlang der Strasse sehen übrigens nicht nur imposant aus, sie schmecken auch. Heute Abend sind wir im Klondike Rib & Salmon BBQ in Whitehorse mit Christine beim Nachtessen. Christine ist vor 24 Jahren von Biel in den Yukon umgesiedelt und fühlt sich hier mit Mann und Hund wohl. Sie hat uns das Restaurant empfohlen und das mastige Dessert mit uns geteilt. Zu dritt haben wir es - nach den Bisonsteaks - gerade so geschafft. 

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Als Verdauungsspaziergang machen wir Tags darauf eine kleine Wanderung um den Long Lake. Obschon in Stadtnähe, nehmen wir den Bärenspray mit und tatsächlich ist es ein eigenartiges Gefühl, frische Bärenspuren auf unserem Weg zu finden. Man muss sich erst mal daran gewöhnen, sich im Habitat dieser Tiere zu bewegen. Wenigstens haben wir mit den 16'923 Schritten die Kalorien des Woodcutter's IPA kompensiert, das wir in derselbigen Bar von Thea und Gaby serviert bekamen.

Und wir machen uns auf, via Klondike Hwy nach Dawson. Meine Kindheitserinnerungen an die Bücher von Jack London waren schliesslich Teil der Motivation zu dieser Reise.

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Das Land - die Landschaft - überrascht einfach immer wieder. Hatten wir in B.C. gefühlt mehr abgebrannte als intakte Wälder gesehen, wähnen wir uns plötzlich in einem überdimensionierten Schwarzwald. Dazwischen immer wieder die Fluss-, Bach-, Seenlandschaft mit Bäumen, die klaglos im Wasser stehen, Birkenwälder, die - je nördlicher wir kommen - nicht mehr kahl sondern mit einem ersten grünen Flaum versehen sind und alles in allem einfach riesige Weiten.

Obschon die USA die Grenze partout nicht vor dem 1. Juni öffnen wollen, erklimmen wir hinter Dawson den 'Top of the world higway'. Unsagbar schön und man wähnt sich wirklich auf dem Dach der Welt, obschon der höchste Punkt, den wir befuhren, auf knapp 1'300 m lag. Wohl sind es nicht die Weiten des Weltalls, die da vor einem liegen, aber eindrücklich ist es allemal. Ein kurzer Blick rüber nach Alaska und schon sind wir zurück in der Goldgräberstadt und besichtigen den einstmals schwimmenden Schaufelbagger 'Dredge No. 4'. Nun wird uns klar, weshalb rund um Dawson Kieshaufen, nein -berge aufgeschüttet sind. Klondike- und Yukontal wurden, und werden noch immer, komplett umgegraben.

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Und wieder mal werden uns Entscheidungen abgenommen: Wir fahren nicht ans Nordpolarmeer, da die Fähren über den Peel- und den McKenzie-River noch nicht in Betrieb sind. Aber wenigstens ein Sundowner oberhalb des nördlichen Polarkreises liegt drin (wobei ja die Sonne nicht wirklich untergeht). Bei angesagten -9° buchen wir ein Zimmer in der Eagle Plains Lodge und lesen über die Geschichte von Land und Leuten.

Die insgesamt 405 km hoch und runter sind auf dem recht gut präparierten Dempster Higway zwar etwas rucklig und das Innere des Campers sieht danach aus wie die Sa...hara (warum sind die Dinger nicht dicht?), aber der Weg hat sich wiederum gelohnt. Nebst atemberaubenden Berg- und Tundralandschaften begegnen wir einem Grizzly und einer kleinen Karibouherde.

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In Dawson reinigen wir den Camper bevor wir Richtung Whitehorse aufbrechen. Zur Aufwertung des Trips erkunden wir die Gegend des zweiten 'Rushes' - in Keno City drehte sich lange alles um Silber. Die Old Haul Road verlangt uns alle Fahrkünste ab, ist sie doch eher eine Schlammpiste denn eine Strasse. In Keno sagte man uns dann, dass diese Route keinesfalls befahren werden soll; warum ist sie dann nicht gesperrt?

Am Dienstag, 24. Mai treffen wir in unserem 'Stammlokal', dem Woddcutter's, viele interessante Leute und wir verbringen den Abend - übrigens die Ferienmitte - bei Gesprächen mit East Coasters aus Nova Scotia, Immigranten aus Indien und born and raised Locals.

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In Haines Junction ist das Wetter so schlecht, dass wir uns den geplanten Rundflug zu den Ice Fields und dem Mt Logan sparen; vermutlich wären sie eh nicht geflogen. Am Kluane Lake (Kanada) und tags darauf am Deadman Lake (Alaska) verbringen wir sehr angenehme Nächte auf staatlichen Campgrounds in Naturreservaten. Zeit für Tierbeobachtungen - einfach geil!

Vor der Grenze sahen wir, dass Beaver Creek auf unserer Route liegt. Spontaner Gedanke: Da lässt sich doch sicher was erleben. Man sollte es besser wissen, aber Sid von der Visitors Information klärte uns sehr freundlich auf, dass der Skiort in Colorado liegt und der gleichnamige Ort im Yukon 57 Einwohner zählt, von denen die meisten aber wegen der zweijährigen, pandemiebedingten Grenzschliessung noch nicht wieder im Ort wohnen. Dafür durften wir ein Foto von ihm und seinem 1955er Ford Crown Victoria machen, auf den er sichtlich stolz ist.

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Mit dem gestrigen Abstecher von Tok über den Tailor Hwy nach Chicken haben wir nun auch noch den südlichen Fortsatz des Top of the World gesehen. Auch in dieser Goldgräberstätte beginnt das Wiedererwachen nach Corona. Da der Grenzübergang während zweier Jahre komplett geschlossen war, hatten sich die ortsansässigen woanders Jobs gesucht und kehren nun nach und nach wieder zurück.

Ein Samstag in Fairbanks lässt sich aushalten. Etwas Downtown; 3 Geschäfte, 2 bis 3 sogenannte Museen, die älteste Mikrobrauerei des Orts und dann noch der Pioneer Park. Nachdem bisher so viele Attraktionen noch geschlossen hatten, war heute - am Memorial Day - der Eintritt frei; man darf auch mal Glück haben. Dazu noch der Grillevent mit fangfrischem Lachs und Halibut: Herz was willst Du mehr? In North Pole noch rasch dem Nikolaus Hallo sagen und schon sind wir am Birch Lake und geniessen die Abendstimmung bei endlich mal frühlingshaften Temperaturen um die 24 °C.

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Der typische Alaskaner: Ich habe keine Ahnung, wie der sich definieren liesse. Diejenigen, die uns begegneten, waren eher einfach gestrickt. Man sollte meinen, wide open spaces führen automatisch zu wide open minds aber weit gefehlt. Fischen, Jagen, Schiessen, mit dem Quad durch die Gegend brettern, die Fahne hissen und Beten. Wenn man ihnen das gewährt, sind sie zufrieden und nett.

Frust darf man hier ja nicht mit einem Bier unter Freunden, jedenfalls nicht unter freiem Himmel, abbauen, da ballert man halt lieber rum. Dieses Bild ist sicher unvollständig, aber so kommen sie uns rüber - Rednecks halt (gilt übrigens auch für die Mädels). Im Gegensatz zu Seattle, wird man hier wohl noch lange keine Regenbogenfahnen sehen.

Was hier so an Gerätschaften, Booten und Trailern mit Quads, SkiDoos usw. rumgeschleppt wird, ist übrigens enorm. Daher machen PickUp-Trucks auch rund 3/4 der Fahrzeuge aus - meistens von der grösseren Sorte - es gibt Ausnahmen.

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Wir sind in Valdez angekommen und ehrlich gesagt, sind wir müde; nicht so sehr von der Reise sondern von den landschaftlichen Eindrücken. Haben wir zu Beginn jeden Hügel und jedes Bachbett fotografiert, lassen wir die unsagbar schönen, weiten, eindrücklichen, berauschenden Bilder einfach auf uns wirken. Den Ort an der Küste, der wegen seiner Zerstörung durch ein Erdbeben 1964 verlegt wurde, muss man vielleicht nicht unbedingt gesehen haben, wobei das Museum und die Gegend sind toll. Die Strecke ab Delta Junction bis hierher ist zudem berauschend schön und wir hätten sie ungern verpasst.

Schon bevor man über den grandiosen Thompson Pass (gerade mal 855 m) kommt, wechselt die Landschaft immer wieder von schön zu noch schöner. In der jetzigen Jahreszeit ist natürlich alles noch von Schnee und Eis geprägt, das in unserem Fall wunderbar mit dem blauen Himmel und dem Frühlingsgrün kontrastiert.

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Hier endet übrigens die Trans-Alaska Pipeline, der wir unterwegs viele Male begegnet sind. Wir sehen später auch noch die Stelle, die zur Oelkatastrophe aufgrund der Exxon Valdez-Havarie 1989 geführt hatte und lernen verschiedene Sichtweisen dazu kennen: Wer durch die Oelindustrie Geld verdient, hat logischerweise eine andere als wer durch die Katastrophe seine Existenzgrundlage verlor.

Immerhin ist vordergründig wieder alles gut. Wir sehen Otter, Seehunde, Seelöwen, Papageientaucher, Orcas und auch sonst so allerhand. Auch wird im Fjord wieder munter gefischt und eine Seafood-Kette dost hier so allerhand Meeresgetier für den Weltmarkt ein.

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Wie bei uns der Milan, zieht hier der Bald Eagle seine Kreise am Himmel. Man könnte stundenlang zuschauen. Schade, ist meine Stativhalterung der Kamera gebrochen, so gibt's halt nur unscharfe Zoom-Bilder aus der Hand.

Spaziergänge am (unmittelbaren) Stadtrand bieten auch hier Chancen auf Bärensichtungen. Die Grizzlies seien überall und sie seien nach dem langen Winter ausgehungert. Also: Bärenspray nicht vergessen, Sandwiches geruchssicher verpacken, laut reden, aufmerksam sein! Wir sind keinem begegnet; wahrscheinlich haben wir sie mit unserem Berner Dialekt verscheucht.

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Wir machen einen Bootsausflug zu den Gletschern im Prince William Sound. Käpt'n Fred hat 7 Stunden lang Geschichten und Witze erzählt und dazu das Schiff souverän zwischen den Eisklumpen hindurch manöveriert.

Der Columbia Glacier hat sich in den letzten 34 Jahren um rund 14 Meilen zurückgezogen. Der Typ aus Ohio fragt mich allen Ernstes, ob an der Theorie der Klimaerwärmung etwas dran sei. Die Frage passt zu seinem Kommentar bezüglich des jüngsten Schulmassakers: Der Schütze sei halt so ein komischer Typ gewesen, der nicht wusste, ob er Mann oder Frau sei... Ach, es ist manchmal so schwierig, höflich zu bleiben.

Wir stehen mit dem Schiff andächtig vor den Gletschern und alle warten auf ein 'Kalben' - so eindrücklich das sein mag: ich wünschte mir stattdessen, dass die Eiszungen wieder wachsen mögen.

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Die nächste Etappe bringt uns via Palmer nach Homer, genauer gesagt hinaus auf den Homer Spit. Hier dreht sich scheinbar fast alles ums Fischen. Aufs Wochenende hin sind die Campsites ausgebucht. Wer eine Angelrute, Kinder und Hund hat, bringt alles hinaus auf die Landzunge. Auch ein Biker, Wayne aus Maine, hockt sich für ein paar Tage hierhin, nachdem er die 5'000 Meilen in 12 Tagen abgespult hat. Er war also doppelt so schnell unterwegs wie wir!

Wir flogen am Samstag mit Alaska Bear Adventures zu den Grizzlies - also eigentlich heissen sie hier Coastal Brown Bear, weil sie aufgrund des reichen Angebots an Pflanzen, Lachs und Meeresgetier kein Fleisch auf dem Speisezettel haben. Ja, ich weiss: Schon wieder ein Bärenbild! Aber wenn Mutter und Kind in 20 Metern Distanz an Dir vorbeilatschen, ist das schon ein eindrückliches Gefühl. Der Rückflug führte über die Vulkane des Katmai Nationalparks; auch nicht ein alltägliches Gefühl für uns.

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Seward ist für mehrere Überraschungen gut: Erstens der Exit Glacier, zu dem man hinspzieren kann und dann die Leute. Habe ich in Fairbanks und Homer noch über die Rednecks gelästert, hängt hier an jeder zweiten Hausecke eine Rainbowflag. Von der Barmaid mit den grossen Regenbogen-Ohrhängern erfahren wir, dass hier soeben die erste Pride und eine Dragqueen-Show stattfand. Sie fühle sich hier sehr willkommen.

In Anchorage angekommen machen wir den Fehler und besuchen den 'Alaska Zoo'. Es ist unsäglich anzusehen, wie Adler, Elche, Bären usw. in engen Gehegen und Käfigen gefangen sind in einem Land, das so unsagbar viel Platz hat. Warum ist diese Anlage nicht grösser dimensioniert, damit der Golden Eagle wenigstens seine Schwingen ausbreiten könnte? Es ist ein krasser Gegensatz zu den zahlreichen Wildlife Refuges, wo dem Wohl und der natürlichen Umgebung der Tiere grösste Beachtung geschenkt wird.

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Ein Nachtessen im Club Paris stimmt uns dann wieder versöhnlicher. Es gibt tatsächlich eine Esskultur in den USA. Nicht nur, dass alles lecker schmeckte, auch der Ablauf stimmte. So wurd der Hauptgang mit angemessenem zeitlichem Abstand zum Salat serviert und auch die Rechnung erhielt ich erst auf Verlangen; nicht wie im Seasalt in Seward, wo ich mit triefenden Händen einen Burger ass und gleichzeitig bereits die PIN ins Kästchen eintippen sollte.

5'900 Meilen (9'500 km) und alles ist gut gegangen. Es war eine Reise auf den Spuren der Pioniere, der Gold- und Glücksucher sowie unzähliger Wildtierarten in den Weiten von Yukon und Alaska. Das Ganze war angereichert durch viele Critters (Ausdruck für Wildlife) und - ich kann mich nur immer wiederholen - unendlichen Weiten. Der aktuelle Spritpreis wird zwar das Ferienbudget sprengen aber was soll's? Wir hatten Spass und kehren mit gewaltigen Erinnerungen zurück. Diesen Blog habe ich, TJ, geschrieben aber Marga hat auch Tagebuch geführt und wir werden beim Aufarbeiten der unzähligen Fotos noch viel Gelegenheit haben, das Erlebte ins Bewusstsein zu rufen.

Wir sind ausserordentlich dankbar, dass uns diese Reise - wie schon alle vorangegangenen - vergönnt war.